Politgespräch im Bistum Augsburg

Klaus Holetschek im Dialog mit kirchlichen Verbänden: Zukunftsfragen im Fokus

09.06.2024 | Augsburg | Augsburg - Im Tagungshaus St. Ulrich in Augsburg fand am 17. Mai 2024 ein intensives Politgespräch statt, zu dem die kirchlichen Verbände des Bistums Augsburg eingeladen hatten – die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), Kolping und die Katholische Landvolkbewegung (KLB). Der CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek MdL stellte sich den Fragen und Anliegen der Verbände und den drängenden Themen der Zeit.

Hermann Reich, der KAB-Vorsitzende von Altenstadt, eröffnete die Veranstaltung mit deutlichen, persönlichen Worten: „Die Menschen vor Ort empfinden die zunehmende Bürokratie als Belastung, sowohl im privaten wie im beruflichen Kontext. Psychische Erkrankungen treten vermehrt auf und die Unsicherheit nimmt generell zu. Wir alle müssen wieder anpacken, um unseren Wohlstand zu erhalten!“, erklärte er. Außerdem sei die Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes ein großer Fehler gewesen. Besonders dankte er Klaus Holetschek für dessen Einsatz zur Beibehaltung des aktuellen Ladenschlussgesetzes. Nach der Begrüßung und einer kurzen Vorstellungsrunde übernahm Stefan Hanft, der geschäftsführende Diözesansekretär der KAB, die Moderation des Gesprächs und führte souverän durch die verschiedenen Themenbereiche.

 

Gesundheits- und Pflegebereich

Den Auftakt machte die KAB mit einer intensiven Diskussion zum Gesundheits- und Pflegebereich, in der die Gesprächsparteien viele Übereinstimmungen fanden. Josef Huber, stv. Diözesanvorsitzender, präsentierte die Ergebnisse einer KAB-Umfrage zu Gesundheitsberufen: „Steigende Dokumentationspflichten, mangelnde Wertschätzung, Fachkräftemangel und der zunehmende Ökonomisierungsdruck sind die größten Herausforderungen,“ berichtete er. Gerhard Wild von der KAB Königsbrunn fragte nach: „Warum gibt es immer noch keinen verbindlichen Personalschlüssel im Pflegebereich und was wird getan, um Pflegepersonal zu gewinnen?“ Holetschek erklärte, dass ein Personalschlüssel wenig bringe, wenn das Personal fehle, und verwies auf 30 Modellprojekte in Bayern zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Eine Bundesratsinitiative der CSU sei auf dem Weg, um durch mehr Anreize wie steuerfreie Gehaltsanteile oder extra Rentenpunkte mehr Personal zu gewinnen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Krankenhausreform von Karl Lauterbach, da der Fachkräftemangel nicht mitbedacht wird und betonte: „Pflege wird zur Schlüsselfrage, auch im Bereich der häuslichen Pflege!“ Die zunehmenden Dokumentationspflichten verdecken 2 das dahinterliegende Problem einer Misstrauenskultur, daher brauche es „Mut zur Lücke!“ Außerdem brauche es mehr Übertragung von Kompetenzen im Pflegebereich. Gerd Zettler von der KAB Memmingen sprach die zunehmende Ökonomisierung im Gesundheitsbereich an und kritisierte die Fallpauschalen. Holetschek stimmte zu: „Die Fallpauschalen müssen überdacht werden, da sind die Vorhaltepauschalen in der Krankenhausreform der richtige Weg. Allerdings greife die Reform viel zu kurz!“ Kleine Krankenhäuser geraten in finanzielle Schwierigkeiten, weil der Bund seine Verpflichtungen nicht einhalte. Er verwies auf das Engagement der bayerischen Landesregierung, unter anderem durch das Landespflegegeld und einen Härtefallfonds für strukturschwache Regionen. Außerdem wurde von der CSU eine Bundesratsinitiative eingebracht, um Renditeerwartungen bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Investorenhand einen Riegel vorzuschieben, was jedoch vom Bund abgelehnt wurde.

 

Demokratieförderung und Jugend

 

Franz Nusser, Vorstand des Kolpingwerks im Diözesanverband Augsburg, begrüßte die geplante Einführung einer Verfassungsviertelstunde in Schulen ab dem Schuljahr 2024/2025, äußerte jedoch Bedenken an anderer Stelle: „Die Verfassungsviertelstunde ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber die geplanten Kürzungen im Bereich der Jugendarbeit gefährden die Planungssicherheit,“ warnte er. Holetschek erklärte, dass im geplanten Doppelhaushalt von 150 Milliarden Euro Prioritäten gesetzt werden müssen. „Alleine die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst bedeuten 4 Milliarden Euro extra. Trotzdem planen wir eine Erhöhung der Mittel für Jugendarbeit um 2,3 Millionen.“ Er betonte jedoch die Notwendigkeit, langfristig stabile Finanzierungsmodelle zu finden. Erwin Fath, Vorsitzender des Kolpingwerks im Landesverband Bayern, äußerte Bedenken hinsichtlich der politischen Bildung an Schulen. „Politische Bildung kommt viel zu kurz und ist zu faktenlastig. Wir sind besorgt über die wachsenden Sympathien für die AfD unter jungen Menschen,“ sagte er. Holetschek stimmte zu: „Die Bedeutung politischer Bildung ist unbestritten. Die Herausforderungen werden in Zukunft noch zunehmen wie zum Beispiel beim Umgang mit Deep Fakes in den sozialen Medien. Außerschulische Bildungsarbeit, wie sie die kirchlichen Verbände leisten, ist unerlässlich.“ Er betonte dabei allerdings, dass der Staat und die Schule nicht alle Lücken in der Wertevermittlung schließen könnten und verwies auf die wichtige Rolle der Familien. Danny Kasche, geistliche Leitung der KAB, betonte die Wichtigkeit eines starken Sozialstaats. Bei der Priorisierung von Steuergeldern müsse die Politik im Blick haben, dass 3 bei Streichungen im Bereich des Sozialstaates die Unsicherheiten und Ängste in der Bevölkerung zunehmen, und diese Ängste populistisch von der AfD bedient werden. Holetschek erwiderte: „Leistung muss sich lohnen. Wir dürfen Arbeitslosigkeit nicht subventionieren, aber Sozialleistungen zu streichen ist auch keine Lösung.“ Björn Panne, Stiftungsvorstand der Kolping Akademie, hob hervor, dass die demokratischen Parteien ihr Engagement erhöhen müssen um der Meinungsmache etwas entgegen zu halten, und wies auf die zunehmende Gewalt gegenüber Politiker und Politikerinnen hin. Holetschek berichtete von eigenen Erfahrungen mit Anfeindungen und betonte: „Die Verrohung der Gesellschaft und die AfD im Besonderen ist eine ernsthafte Gefahr für die demokratische Grundordnung.“

 

Flächenverbrauch und Windenergie

 

Martha Hänsler, Diözesanvorsitzende der KLB im Diözesanverband Augsburg, brachte das Thema Flächenverbrauch zur Sprache. „Der tägliche Flächenverbrauch von 12,5 Hektar liegt weit über dem politischen Ziel von 5 Hektar. Wie steht es um die Verpflichtung zum Bau in die Höhe und den Schutz der Biodiversität?“ Holetschek zeigte sich offen für Nachverdichtung und das Bauen in die Höhe, betonte jedoch den Druck vor Ort und die Notwendigkeit, Spielräume nicht zu sehr einzuschränken. „Wir müssen Nachverdichtung und das Bauen in die Höhe fördern, aber der Druck auf die Gemeinden ist enorm,“ erklärte er. Hänsler hakte nach: „Warum geht der Ausbau der Windenergie in Bayern so schleppend voran?“ Holetschek erklärte, dass Bayern sich von einer landwirtschaftlich geprägten Region zu einer starken Industrieregion entwickelt habe, auch dank günstigen Stroms durch Atomenergie. „Der Ausbau der Windenergie ist notwendig, aber die Bürger vor Ort müssen einbezogen werden,“ betonte er. Er verwies auf Probleme im Vergaberecht, die den Ausbau erschweren.

 

Änderung des bayrischen Ladenschlussgesetzes

 

Die Diskussion zur geplanten Änderung des bayrischen Ladenschlussgesetzes erregte besondere Aufmerksamkeit. Holetschek stellte klar: „Ich bin kein Freund eines neuen Gesetzes. Weder soll der Sonntag angetastet werden noch die Regelung der Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr.“ Es gäbe allerdings Überlegungen, digitale Kleinstsupermärkte unter 100qm am Sonntag zu ermöglichen, sofern der Arbeitnehmerschutz dabei gewahrt bliebe. „Welche Argumente sprechen dagegen?“ Die kirchlichen Verbände waren sich einig, dass dies nicht zielführend sei. Sie betonten, dass die Befüllung der Regale am Samstagabend den Arbeitnehmerschutz ausheble und fragten grundsätzlich, ob der Sonntag nicht frei sein sollte. „Zudem gehen Kleinstsupermärkte in Konkurrenz zu großen Supermärkten, und es gibt weiterhin Probleme mit Leiharbeit,“ erklärte Stefan Hanft.

 

Die KAB kündigte an, ein Positionspapier nachzureichen, was Holetschek begrüßte: „Ich freue mich auf Ihre weiteren Ausführungen und werde diese in unsere Diskussionen einbringen.“

 

Abschließender Segen und Ausblick

 

Zum Abschluss spendete Verbändereferent Dominik Zitzler den Segen und dankte allen Beteiligten. Das Gespräch zeigte deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Politik und kirchlichen Verbänden essentiell ist, um zukunftsweisende Lösungen für die Gesellschaft zu entwickeln. „Wir nehmen die Anregungen aus diesem Gespräch sehr ernst und werden sie in unsere Überlegungen einfließen lassen,“ versprach Holetschek zum Abschied.

 

 

Ein Bericht von

Raphael Zikesch, KAB-Bildungsreferent Weilheim

 

Arbeitnehmerzentrum KAB

Kreisverband Ammer-Lech

Waisenhausstr. 1

82362 Weilheim

Tel. 0881/94912

Mobil 01512/8463639

 

Fotonachweis:  Danny Kasche